Dienstagmorgen, kurz vor zehn Uhr Ortszeit, und vor mir der wohl berühmteste Zebrastreifen überhaupt. Hier ist sie also, die Abbey Road. Scharen von Touristen versuchen in die Fußstapfen der Beatles zu treten, und irgendwie ein möglichst gelungenes Foto auf der Straße von sich zu bekommen. Einigen gelingt es, andere haben sichtliche Schwierigkeiten damit. Schon irgendwie komisch alles. Aber gut, ich habe zur Sicherheit auch mal eins gemacht. Wer weiß, wofür et joot es…
Eine meiner ersten Kassetten war von den Beatles, die „Please please me“. Schon als Kind war ich direkt infiziert, und seitdem haben mich die Pilzköpfe nie mehr losgelassen. Ich bin noch heute großer Fan, und stehe auch auf die Alben der einzelnen Bandmitglieder, die sie nach der gemeinsamen Zeit rausgebracht haben. Ok, in der Pubertät standen sie plötzlich nur noch an zweiter Stelle, weil sie von den Stones abgelöst worden sind. Aber einen Großteil meiner musikalischen Sozialisierung habe ich den vier Boys aus Liverpool zu verdanken. Und ich durfte gerade den gleichen Zebrastreifen passieren, wie sie.
Aber nicht nur das. Irgendwann hatte ich mir mal in den Kopf gesetzt, dass ich unbedingt mal was im weltberühmten Abbey Road-Studio machen will. Die Erfolgsschmiede der Beatles und vieler anderer Stars. Klar, eine Spinnerei, ein Jugendtraum, alles utopisch, und das klappt doch eh nie. Irgendwann letzten Sommer habe ich die Idee aber nochmal aufgegriffen und mich mit Hilfe meiner Plattenfirma schlau gemacht, was es denn da so für Möglichkeiten gibt. Da untere anderem die Kollegen von BRINGS dort bereits vor ein paar Jahren etwas Mastern ließen, wusste ich, dass der Sound und die Qualität top sind. Und so entstand der Plan: den letzten Feinschliff meines neuen Albums, das sogenannte „Mastering“, wäre doch die ideale Gelegenheit für eine Zusammenarbeit mit den netten Menschen aus London!
Gesagt, getan. Die Plattenfirma hat sich mächtig ins Zeug gelegt, und es sogar tatsächlich geschafft, dass wir einen persönlichen Termin im Studio bekommen haben. Das ist schon eine absolute Seltenheit, weil das Studio in der Regel keinen Besuch dieser Art empfängt.
Und jetzt standen wir tatsächlich vor der Türe, vor der sich schon so viele Weltstars haben ablichten lassen. Der Mit-Produzent des Albums, Ralf Hahn, hat es sich nicht nehmen lassen, und ist ebenfalls extra aus Köln angereist, um bei diesem – für mich wirklich magischen Moment – dabei zu sein. Am Empfang wurden wir herzlich willkommen geheißen und durften noch einen Moment Platz nehmen, bis der Toningenieur zu uns kam. In edlen Ledersesseln konnten wir Bilder an der Wand bestaunen, die wohl fast jeder Musiker kennt. Plattencover von Alben, die man einfach hat. Welthits aus allen Genres. Und alle wurden hier gemacht. Wahnsinn. Leider steht überall ziemlich deutlich, dass man nichts fotografieren darf – aber irgendwie fand ich das auch sehr cool. So war man nicht permanent mit dem Fotografieren und seinem nervigen Smartphone beschäftigt, sondern konnte die Atmosphäre, die Magie völlig unabgelenkt in sich aufsaugen. Ein Segen.
Kurze Zeit später kam ein gutgekleideter, sehr höflicher Engländer auf uns zu und begrüßte uns herzlich. Simon Gibson heißt der gute Mann, der unter anderem sämtliche Re-Masters für die Beatles gemacht hat, etliche Hollywoodstreifen bearbeitete, Depeche Mode, Tina Turner und vielen weiteren Stars zum letzten Feinschliff verholfen hat. Cooler Typ! Und trotz meiner eher mittelmäßigen Englischkenntnisse konnten wir uns super unterhalten. Er führte uns in sein Studio. Dazu muss man wissen, dass das Gebäude ein recht großer Komplex ist, und seine Räumlichkeiten ziemlich hintendurch sind. Welch ein Glück! Denn so mussten wir einmal quer durch die Bude, vorbei am glorreichen Studio 1, an Bandmaschinen aus Beatles-Zeiten, durch einen engen Flur an dem goldenen Platte sich an goldene Platte reiht und vorbei an den Toiletten, wo auch die Superstars schon Pipi gemacht haben. Es gab mächtig viel zu sehen.
Sein Studio selbst ist nicht besonders groß, was aber auch klar ist, weil beim Mastering ja nicht mehr aufgenommen, sondern „nur noch“ finalisiert wird. Es ist ein akustisch optimierter Raum, was man direkt hört, wenn man reinkommt. Wir haben ein wenig über mein Album, die „komische“ Sprache in der ich singe, und über die Produktion gesprochen. Ist schon irgendwie merkwürdig, wenn man sich vorstellt, dass durch diese Boxen plötzlich meine neuen kölschen Songs zu hören sind. Jedenfalls hatten wir noch die Möglichkeit mit diesem wirklich sympathischen Menschen ein paar Fotos zu schießen, dann hat er sich auch direkt an die Arbeit gemacht. Und wir durften ganz in Ruhe und um einen – für mich sehr emotionalen – Moment reicher das Studio wieder verlassen. Klingt vermutlich für viele Leute verrückt, aber für mich war das echt ein Moment, den ich tief im Herzen trage, der mir sehr viel bedeutet und von dem ich noch lange zehren werde. Wenn man so leidenschaftlich in Sachen Musik unterwegs ist, ist das schon was ganz Besonderes, wenn man plötzlich in diesen heiligen Hallen ist. Wie im Traum.
Inzwischen liegt Mr. Gibsons finale Arbeit vor, und ich kann nur sagen, dass es der absolute Hammer ist, was er noch aus den – eh für meinen Geschmack schon gelungenen – Aufnahmen rausholen konnte. Wow! Jetzt kann ich es noch weniger erwarten, bis die Scheibe im November endlich rauskommt. Bin soooo gespannt, was die Menschen um mich herum dazu sagen werden. Und die Zeile im CD-Booklet „Mastering: Abbey Road Studio, London by Simon Gibson“ lese ich besonders gerne mit einer guten Erinnerung an London 2018.
Da der Tag noch lang war, und das Wetter für englische Verhältnisse echt gut, haben wir noch nen ausgiebigen Abstecher in den wirklich schönen und großräumigen Hyde Park gemacht, um dort ganz spontan ein Video für einen der neuen Songs vom Album zu drehen. Knapp drei Stunden haben wir Material gesammelt und den Song einige Male aus den verschiedensten Perspektiven gedreht. Klar, es ist ein SelfMadeVideo, und alleine mit meinem Handy gefilmt, aber nachdem ich es direkt nach der Reise geschnitten habe, denke ich, dass man es nicht zurückhalten muss. Die Seele des Songs wird gut transportiert, und auch wenn es technisch nicht der gewohnte, hohe Standard ist, hat es für meinen Geschmack etwas.
Aber das könnt ihr am besten selbst entscheiden, denn bald kommt es raus, und dann nehme ich euch einfach mit auf einen schönen, gemütlichen Herbstspaziergang durch den Londoner Hyde Park…
Jetzt geht’s in großen Schritten auf in Richtung „Kölle singt“ – meine dritte Show in der Arena! Was freu ich mich darauf… der zweite Jugendtraum, der in diesem Monat (inzwischen zum dritten Mal) erfüllt wird. DANKE von Herzen, dass ich das alles erleben darf.
Wahnsinn. Einfach nur Wahnsinn.
Üre
Björn