Verstärker surren, Röhren werden warm, im Hintergrund knistert die Platte, die längst umgedreht werden wollte und das alles bettet sich ein, in zauberhaftes Vogelgezwitscher aus dem Garten. Ich liebe es so sehr, wenn die Schönwetterzeit sich langsam aber sicher ankündigt und ich meinen Arbeitsplatz mehr oder weniger an die frische Luft verlegen darf.
Der Schreibtischstuhl wird gegen die Hängematte eingetauscht, der Herd gegen den Grill, die Lautsprecherboxen gegen Kopfhörer (damit ich den Nachbarn nicht noch mehr auf den Keks gehe) und der heiße Tee gegen kaltes Wasser. Im Grunde liebe ich jede Jahreszeit, zumindest kann ich überall Gutes drin entdecken. So eine gemütliche Winter-Tournee oder Herbstabende im Studio haben auch sicherlich etwas Wunderbares. Aber ich spüre einfach, wie gut mir die Sonne tut. Wie alles leichter wird. Wie die Sonnenstrahlen krampfhaft versuchen, die grausamen Sorgen auf der Welt zumindest im Ansatz etwas zu erhellen. Es ist wunderschön zu beobachten, wie sich die Laune der meisten Mitmenschen hebt, wenn es herrlich sommerlich ist, wie heute am Ostermontag 2022.
Der Frühling ist für mich auch immer eine Zeit des Frickelns. In den letzten Wochen habe ich viel an meinem Gitarrensetup rumgetüftelt, weil ich endlich mal Zeit dazu hatte. Bei der „Café Schmitz“-Tour wollte ich neben den üblichen Akustikgitarren und dem Piano auch mal hier und da eine elektrische Gitarre einsetzen. Das schwebte mir schon lange vor. Und es ist ja auch nicht so, dass ich (als leidenschaftlicher, vielleicht auch etwas übertriebener Sammler) nicht genügend Instrumente zur Hand hätte. Aber trotzdem ist es nicht so einfach, für die passenden Songs die passende Gitarre zu finden. Und so konnten aufmerksame Konzertbesucher*innen der letzten Shows beobachten, dass ich immer wieder andere Dinge ausprobiert habe. Zunächst war meine geliebte blaue Gretsch-Jazzgitarre die auserwählte Kandidatin für Songs wie „Ejal wo ich ben“, „Dom em Jepäck“ und „Ich will zo dir“. Gespielt über einen Fender Vollröhren-Amp mit echtem Federhall war das schon sehr schick. Allerdings auch sehr schwer zu tragen. Und je nach Location geht das Surren des Verstärkers bei diversen Lichteinstreuungen vor allem bei den ruhigeren Nummern gehörig auf den Zeiger. Also wurde der Fender-Amp gegen den deutlich kompakteren und mindestens genauso gut klingenden und viel flexibler einsetzbaren Kemper-Amp getauscht. Dabei bleibt es jetzt wohl auch. Und statt der Gretsch ist nun für die nächsten Shows meine nigelnagelneue (und erste überhaupt!) Gibson Les Paul geplant. Die ist für die genannten Songs noch mehr auf den Punkt, als die Gretsch. Das entspricht jetzt erstmal der Ideal-Linie und hat zum Beispiel gestern beim wieder mal sehr gelungenen „Osterlutz“-Konzert im Piranha bestens funktioniert und (mich) überzeugt. Also bin ich in Sachen Café Schmitz jetzt mit zwei Akustik-Gibson-Hummingbirds unterwegs, ergänzt durch die E-Paula. Man könnte fast meinen, ich sei großer Gibson-Fan…
Gefrickelt habe ich aber auch ne ganze Menge an Setlisten und Songzusammenstellungen, denn es gab ja einige Konzerte in letzter Zeit. Neben den ersten Shows der „Café Schmitz“-Tour in Wesseling, in Wachtberg und im Grunde auch gestern im Piranha, gab es eine für meinen Geschmack wieder äußerst gelungene Ausgabe der Montagslieder. Da ist kein Abend, wie der andere, so dass die Songs immer wieder neu zusammengestellt werden. Und das liebe ich sehr! Denn so wird es auch für mich nicht langweilig. Und ich liebe auch die Herausforderung, die neuen Songs des neuen Albums in solo-livetaugliche Versionen umzuarbeiten. Bisher funktioniert das ganz gut, denke ich. Und vor allem bei „Loss et erus“ habe ich den Eindruck, dass es ein Lied ist, was mich jetzt etwas länger im Live-Programm begleiten könnte. Ist vielleicht sogar was fürs Gaffel? Was meint ihr?
Gefrickelt wird auch an einem wunderbaren Video-Projekt (pssst, noch streng jeheim!) und ja, ich kann es nicht sein lassen, seit letzter Woche bin ich sogar hier und da schon wieder im Studio und arbeite an neuen Tracks. Nützt ja nix.
So ist in diesem Frickelfrühling mal wieder alles wie gewohnt, und doch gleichzeitig so ganz, ganz anders. Klingt komisch, ist aber so.
Bis bald auf Tour – wir sehen uns hoffentlich! Es ist mir eine Ehre!
Üre
Björn
Foto: Dirk Loerper