„Ich muss nur noch die Stofftiere aufs Sofa setzen, dann komme ich sofort.“ „Denk dran, die Morgenrunde in der Kita fängt gleich an. Wir müssen los.“ „Ja-ha, gleich Papa!“
Anfangs waren es noch drei bis vier Kuscheltiere und die Argumentationen und Diskussionen längst noch nicht so herausfordernd wie heute. Inzwischen muss ich echt sehr wortgewandt sein, um respekt- und liebevoll, aber auch mit der nötigen Konsequenz zu reagieren, wenn die ebenfalls inzwischen an die dreißig (!) Stofftiere in allen (!) Größen in Zeitlupe mit peinlicher Genauigkeit auf allen (!) im Wohnzimmer verfügbaren Sitzmöbeln aufgereiht werden. Sie sollen ja schließlich aufs Haus aufpassen und auf den Kleinen warten, solange er in der Kita ist.
Das Vatersein beginnt ja stets mit dem größten Wunder überhaupt: Der Geburt eines Menschen, der einem ab genau diesem Zeitpunkt zeigt, was bedingungslose Liebe ist und wofür es sich immer lohnt, zu leben. Und was ich inzwischen gelernt habe und weiß, ist, dass solche kleinen Wunder fortan immer wieder mal passieren.
Als die Kita-Zeit vor ein paar Jahren losging, konnte mein Sohn noch nicht sprechen und laufen. Ohne Nucki, Kinderwagen und das Lieblingsstofftier ging gar nichts. Auch wenn er immer sehr gerne in die Kita ging, war die Wiedersehensfreude beim Abholen täglich das größte Glücksgefühl überhaupt. Fünf Tage die Woche hat er einige Stunden in der Einrichtung verbracht und sich sehr wohlgefühlt.
Und das bis heute, seinem letzten Kindergartentag.
Ein tolles Team von Erzieherinnen und Erziehern war stets an seiner Seite und ich kann kaum in Worte fassen, wie sehr ich deren Ausübung des Jobs bewundere. Das Kostbarste, was wir haben, unsere Kinder, geben wir in deren Obhut, obwohl wir diese Menschen ja eigentlich gar nicht richtig kennen. Und doch gibt es ein Urvertrauen irgendwie. Ich finde, dass die Arbeit der Damen und Herren mächtig unterschätzt wird. Wie machen die das? Haben die auf allen Seiten des Kopfes mehrere Augen, generell mehrere Arme und Beine, oder wie schaffen sie es, so eine große Gruppe unterschiedlichster Pänz zusammenzuhalten? Jedem Liebe und Geborgenheit zu schenken? Wer einmal einen Kindergeburtstag mit mehr als fünf Kindern veranstaltet und ohne größere Zwischenfälle überstanden hat, weiß was ich meine. Ich habe allergrößten Respekt und kann mich gar nicht genug verneigen. Umso wütender werde ich immer wieder, wenn sich Eltern nur in der Kita blicken lassen, um zu meckern. Das mit der Wertschätzung ist leider einfach nicht jedermanns Sache. Ich spüre das nahezu täglich in allen Bereichen meines Lebens. Sehr schade und traurig.
Zurück zum kleinen Wunder: Jedenfalls sehe ich heute einen jungen Menschen vor mir, der sich in den letzten Jahren so unfassbar toll entwickelt hat. Wackelzähne, schlaues Köpfchen, stur wie der Papa, liebevoll wie die Mama, musikalisch wie Keith Richards, grazil wie Mick Jagger, verliebt ins Leben und neugierig, wie man es nur als fast sechsjähriger Junge sein kann. Ich verliebe mich täglich neu bis in die letzte Pore. Und viele, viele Stunden der letzten Jahre hat er nun mal in der Kita verbracht, deshalb ist es einfach mal Zeit, von Herzen DANKE zu sagen an das ganze Team, das maßgeblich für diese Entwicklung mitverantwortlich ist. Ich ziehe meinen Hut vor euch allen – und das mache ich bekanntlich selten.
Ein bisschen Wehmut schwingt an so einem letzten Kita-Tag aber natürlich auch mit. Immer, wenn ich zu Hause in Kölle war und nicht irgendwo auf Tournee, habe ich den Kita-Bringdienst gerne übernommen. Das war oft die einzige gemeinsame Zeit des Tages, weil ich nachmittags regelmäßig schon wieder auf irgendeiner Bühne zum Soundcheck stand, wenn er abgeholt wurde. Umso wichtiger war mir das morgendliche Ritual, wenn die Nacht davor auch noch so kurz war.
Unser täglicher Weg führte uns unter anderem durch die Johann-Brinck-Strasse. Erst im Kinderwagen, dann ganz wackelig auf den Beinen, als er die ersten Schritte laufen konnte. Später auf dem ersten Roller und ganz, ganz oft im Kindersitz auf meinem Fahrrad. Und jeden Morgen erschallte – mal gut gelaunt, mal knatschig, mal ziemlich energisch und oft genug auch mit einem müden Gähnen verbunden – „Guten Morgen, Eisbär!“ durchs Veedel, weil in eben dieser Straße ein großer Plastikeisbär auf einem Balkon ragt und das Treiben auf der Straße im Blick hat.
Der Eisbär wird uns fehlen, da waren wir uns eben einig, als wir ihn zum letzten Mal gegrüßt haben. Aber er ist ja nicht aus der Welt, wir können ihn ja irgendwann nochmal besuchen.
Jetzt geht’s aber erstmal in die Schule! „Ich hab voll Bock dadrauf!“ Möge es lange so bleiben…
Tschüss Eisbär, bis bald!
Üre
Björn