Es ist wirklich egal, welches Instrument ich in die Hand nehme, oder welches Kleidungsstück: Überall sind diese goldenen Konfetti-Schnipsel, die wir traditionell zum großen Finale mit meinem „Kölle singt“-Song in der Arena in Hülle und Fülle durch die Lüfte wirbeln lassen. Das kenne ich schon aus den letzten Jahren.
Und wenn ich hier so sitze in meiner Kreativzentrale oben unter’m Dach in Bickendorf, diese goldenen Schnipsel in der Hand halte, und fast zusehen kann, wie draußen der Herbst langsam aber sicher die Oberhand gewinnt, gerate ich schnell ins Träumen.
Heute vor einer Woche. Was war das wieder für ein wahnsinnig emotionaler, mitreißender Abend in der LanxessArena. Wow. Seit acht Jahren darf ich dort schon spielen, seit acht Jahren ist die Hütte immer voll, und seit acht Jahren kann ich kaum begreifen, was ich da eigentlich erleben darf. Was für ein großes Glück das ist, welch ein Privileg. Manchmal frage ich mich, ob ich das überhaupt verdient habe.
Wenn der letzte Ton gesungen ist, wie immer und schon so oft „Heimweh nach Köln“ von Willi Ostermann, gehe ich zum letzten Mal die Treppe von der Bühne hinunter. Die Treppe, über die schon so viele fantastische Gäste zu mir nach oben gekommen sind. Von Niedecken bis Podolski, von Süper bis Sebus, und viele, viele, viele mehr. Helden, Legenden, Momente, die ich nie vergesse.
Unten an der Treppe steht dann mein Sohn, der mich traditionell an der Bühne abholt, und wir gehen Hand in Hand – neben ein paar Securities, was leider heutzutage wichtig, aber auch immer etwas surreal ist – in die Katakomben und ganz hinten durch in meine Garderobe. Dort geht der erste Griff in Richtung Bosebox, und dieses Jahr war es Bruce Springsteen, der mich mit seiner neuesten Version des „Jersey Girl“ sanft und milde auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Ziemlich laut muss es sein. Dann höre ich auch den Kleinen nicht, dessen erster Griff in Richtung Gummibärchentüte geht. Er schaut dann genau so zufrieden, wie ich es bin. Ich schaue in den Spiegel, versuche ein erstes Mal zu verstehen, was in den letzten knapp drei Stunden passiert ist, obwohl ich genau weiß, dass das wieder Tage dauern wird.
Die nassen Klamotten werden weggepackt, ich mache mich frisch, wechsle meinen Hut (gut, dass ich so viele davon habe), und öffne dann die Garderobentüre für Family & Friends, bis ich irgendwann abgeholt werde zur offiziellen Aftershowparty.
Ein Blick aufs Handy zeigt unendlich viele Nachrichten auf den verschiedensten Kanälen, und insgeheim freue ich mich auf den Moment, wenn ich spät in der Nacht – oder eher früh am Morgen – ganz alleine im Bett liege und mir diese Nachrichten ganz in Ruhe durchlesen kann. Ich freue mich über jede einzelne.
Dann ist aber erstmal noch eine ausführliche Selfierunde angesagt, und es prasseln so viele Kommentare auf mich ein, dass ich mich wie in einem Tunnel fühle. Sehr viele Leute sprechen mit mir, aber ich bin immer noch in dem Film, der mich am Leben hält, der für mich pures Glück ist und für den ich alles gebe.
So viele kleine Geschichten am Rande, die eigentlich so groß und rührend sind. Ist im Grunde echt gut, dass ich im Tunnel bin, sonst hätte ich vermutlich regelmäßig Tränen in den Augen.
Wenn der Abend dann wirklich rum ist, wobei es in der Regel eigentlich eher fast immer die ganze Nacht ist, merke ich, wie so unfassbar viel von mir abfällt. Beim Zähneputzen schaue ich in den Spiegel, tief in meine Augen, und sehe einen kleinen Jungen, der irgendwann schon sehr früh im Leben einen Traum hatte, hart und lange dafür arbeitete, und der nun mehr als einmal wahr wurde.
Ich bin euch so unfassbar dankbar dafür!
Üre Björn