Ja, es ist wahr. Jeder von uns wird die aktuelle Krise zu spüren bekommen. Der Eine sofort in diesem Moment – zum Beispiel wir Künstler samt Background (Techniker, Veranstalter, Gastronome etc.) -, der Andere erst deutlich nach der Krise. Sie wird definitiv an Niemandem vorbeigehen. Besondere Zeiten, in denen wir leben. Trotzdem finde ich es manchmal erschreckend, was zum Beispiel in den (a)sozialen Netzwerken für Diskussionen geführt werden, wer an welchen Pranger gestellt wird und wie viele Virologen es plötzlich gibt.
Ich habe nach einer schwierigen Phase 2016 gelernt und mir fest vorgenommen, in allem Schlechten etwas Gutes zu suchen und zu finden. Und das klappt auch in dieser Krise 2020 ganz gut. Ich bin jetzt faktisch arbeitslos beziehungsweise habe seit Rosenmontag so gut wie keine Einnahmen. Die Rechnungen, die ich schrieb seit dem 24. Februar (!) sind insgesamt nicht einmal vierstellig. Jetzt ist der 18. April. Tja, scheiße.
Wie ne Menge Kollegen könnte ich den Kopf in den Sand stecken, darüber meckern, dass die Künstler so gut wie überhaupt nicht unterstützt werden (stimmt ja auch!!), dass auch meine Soforthilfe noch immer nicht überwiesen ist, dass auch meine NRW-Künstlerhilfe in Höhe von 2000 Euro nicht mehr kommen wird, weil der Topf leer ist, und und und. Meckergründe gibt es offensichtlich ziemlich viele, wenn ich das so richtig sehe. Wie gesagt: Glücklich und zufrieden bin ich damit auch nicht.
Aber hey: Wir sind Kreative! Wenn jemand aus Nichts etwas machen kann, dann wir, oder? Der Motor muss weiterlaufen, auch wenn wir gerade eine beschissene Zeit durchmachen. Wir können, sollten und müssen uns was einfallen lassen! Wenn wir damit auf die Nase fallen, oder es nichts bringt, ist es ok. Dann liegen wir halt auf dem Boden. Aber von Anfang an direkt auf dem Boden liegenzubleiben, ist doch eine vertane Chance. Ich schreibe Lieder, von denen ich nicht weiß, ob sie jemals irgendwen interessieren werden. Ich habe aus dem Archiv meine alten kölschen Kinderlieder ausgegraben und mache Kinderkonzerte live bei Facebook. Beim ersten Mal waren über 3000 Zuschauer live dabei, die Resonanz war überwältigend. Die Zahlen sind zweitrangig, aber die supervielen Fotos und Videos von glücklichen, tanzenden und singenden Kindern, die mir zugespielt wurden, die erfüllen mich. Wir sind nicht nur Kreative, wir sind auch Glücksmacher, Momentschenker, Ablenker und Mutmacher. Auch was jeden Freitagabend bei den Online-Mitsingkonzerten passiert, geht mir ans Herz. Es geht nicht nur ums Singen, es geht auch darum, eine soziale Plattform zu bieten – so wie wir es in unseren Konzerten ja auch machen. Leute treffen sich, wenn auch „nur“ virtuell. Aber sie haben für ne Dreiviertelstunde ne gute Zeit. Wegen uns, weil wir es machen. Ich habe auch großen Gefallen daran gefunden, in Online-Gitarrenstunden meine Lagerfeuer-Gitarren-Fähigkeiten mit Menschen zu teilen, die Lust haben selbst zu musizieren. Das ist doch cool! Und jeden Tag versuche ich irgendwo, irgendwie neue Dinge und Ideen zu suchen, zu entwickeln und erlebbar zu machen. Es gibt sooo viele Möglichkeiten!
Klar, davon kann ich langfristig meine Familie nicht ernähren. Da muss ich mir was einfallen lassen. Aber – und das ist für mein Leben mindestens genauso wichtig – ich kann meine Kreativität damit ernähren. Und die sollte auch bei den anderen Künstlern nicht verhungern. Wir sind die ersten, die aus dem Verkehr gezogen wurden, und wir werden die Letzten sein, die wieder arbeiten dürfen. Ein langer, mühsamer Weg. Dass sich die Live-Szene verändern wird, davon ist auszugehen. Dass Kunst und Kultur aber dann umso wichtiger für die Menschen nach dieser Durststrecke sein wird, davon gehe ich ganz fest aus. Was wir tun ist wichtig und gut! Liebe Kreative, haltet durch, sucht und findet Möglichkeiten auch in der Krise etwas zu tun. Es gibt in den wenigen Wochen ja schon so unfassbar viele coole Sachen und Aktionen. Wir sind alle Menschen, und Menschen wollen berührt werden, wollen berühren, wollen fühlen, wollen Leben!
Ich kann für meinen Teil nur sagen, dass es trotz der schwierigen Phase Spaß macht, immer weiter kreativ zu sein, und damit sogar Leute zu erreichen. Dass darüber hinaus das Sammeln von Spenden für meine Projekte so gut funktioniert, macht mich sprachlos. Anfangs habe ich mich gegen diese Idee gesträubt, es war mir regelrecht peinlich. Aber: Musik und Kunst muss etwas wert sein. Und wer kann, soll gerne etwas dafür geben. Gezwungen wird niemand, und dass trotzdem soviel zusammengekommen ist, heißt nur eins: Ich habe die allerbesten Fans und Freunde der Welt, wofür ich von Herzen dankbar bin.
Un jetz: Wiggermaache.
Haltet durch, bleibt gesund,
üre
Björn
PS: Und falls ihr jetzt auf den Geschmack gekommen seid und mich auch unterstützen wollt, könnt ihr das sehr gerne hier tun:
https://www.betterplace.me/kuenstlerunterstuetzung-in-corona-krise
Von Herzen DANKE für eure Unterstützung!