Heute schreibe ich euch mal ein paar Zeilen aus Mailand, wo ich seit Sonntag ein paar ziemlich heiße Sommertage verbringen darf. Ok, nur für die Hitze hätte ich nicht in mein Lieblingsland Italien fliegen müssen. Schließlich hat die Hitzewelle ja auch Deutschland fest im Griff. Aber im „sonnigen Süden“, wie mein Vater bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu sagen pflegte, ist es natürlich etwas angenehmer. Zumal ich jede halbe Stunde ausgiebig im Pool planschen und den Körper abkühlen kann.
Der Grund meiner Reise ist wunderbar: Ich wollte mal wieder die Seite wechseln, meinen Job aus einer anderen Perspektive sehen und mich im weitesten Sinne weiterbilden. Kurzum: Ich war beim Boss im Mailänder Stadion. Ja, bei DEM Boss. Dem einzig wahren. Bruce Springsteen.
Keine Ahnung, was er irgendwann mal mit mir gemacht hat, jedenfalls bin ich ihm total verfallen, Fan durch und durch, und dass ich ihn mit seinen knapp achtzig Jahren auf der aktuellen Tour gestern zum dritten Mal live erleben durfte, ist eine Ehre. Gestern erwischte ich mich mehr als einmal bei dem Gedanken, dass es echt schön ist, dass wir mehr oder weniger gleichzeitig auf der Welt sind. Wie ein kleiner Junge stand ich da, hatte Gänsehaut, Tränen in den Augen und Schnappatmung.
Es ist einfach so: Nichts, aber auch gar nichts berührt mich so, wie Musik. Und da ich ja selbst das riesige Privileg habe und als Bühnenkünstler mein Leben gestalten darf, ist es für mich natürlich umso spannender zu beobachten, mit welchen Elementen die Heros – in dem Fall halt Bruce – es immer wieder schaffen, ihr Publikum abzuholen und mitzureißen. Und das seit über fünfzig Jahren!
Immer wieder komme ich zu dem Schluss, dass neben dem Fleiß, einer guten Portion Talent, einem Haufen Glück und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, vor allem eines zählt: Authentizität. Ich kaufe dem Mann ab, was er sagt und predigt. Seine Haltung, seine Sicht der Welt, seinen Lebensstil und seine Message. Das ist echt, das ist wahr, das ist authentisch.
Für mich selbst nehme ich mir das auch immer wieder vor, und hoffe, dass ich es schaffe. Es gibt kaum ein größeres Kompliment, was man mir machen kann, als zu sagen, dass ich authentisch sei. Du bes, wie du bes, un du bes joot!
Und so war das gestrige Konzert schon fast wieder sowas wie eine heilige Messe für mich. Ich komme anders raus, als ich reingehe. Es bringt mich ein Stück weiter, wohin auch immer. Ich zehre davon und werde noch lange genießen, was ich erleben durfte. Diese Power, diese Songs, diese Band, diese Energie – dieser MANN.
Diese gestern empfangene Energie werde ich speichern, und versuche sie bei meinen eigenen nächsten Shows umzuwandeln. Ich bin jedenfalls extrem motiviert und brenne für die nächste Show – die schon morgen ist, und wo der Planet mindestens genau so brennen soll. Ich habe jedenfalls Bock, der Blick von der anderen Seite hat sich wieder mal mehr als gelohnt. Und der Boss ist der einzige, den ich jemals als Boss akzeptiert und auf den ich gehört habe. Danke, Bruce!
Heute Abend geht der Flieger zurück ins heiße Deutschland. Wer aber glaubt, dass ich dann die neuen Springsteen-Tracks im Ohr haben werde auf der Rückreise, liegt ausnahmsweise falsch. Denn gestern ne halbe Stunde bevor ich ins Stadion latschte, erreichten mich aus dem Studio die ersten fertigen Mixe meines kommenden Albums. Und diese werden im Flugzeug erstmals begutachtet, worauf ich mich mächtig freue! Denn nach dem gestrigen Ausflug auf die „andere Seite“, kann ich es kaum erwarten mit frischen Kräften auf „meine“ Seite zurückzukehren. Mer sinn uns!
Ciao, üre Björn